Unterschiedliche Varianten von Süßstoffen

Süßstoffe – Mythen & Fakten

Mythos 1: Süßstoffe eignen sich nur für kranke Menschen wie Diabetiker

Das stimmt so nicht. Süßstoffe sind fast immer die bessere Wahl (außer bei bestimmten genetischen Stoffwechselstörungen oder Unverträglichkeiten): Die meisten liefern praktisch keine Kalorien, im Gegensatz zu Haushaltszucker (Saccharose) mit 4 Kalorien pro Gramm. Einzige Ausnahme ist Aspartam, dafür ist dessen Süßkraft etwa 200-mal höher als die von Zucker (Roth/Lück 2012).

Mit Süßstoffen lässt sich Zucker einsparen, ohne auf Softdrinks oder Süßigkeiten verzichten zu müssen (Krumbe 2017). Zudem kann die Gesamtkalorienaufnahme kontrolliert und so das Körpergewicht positiv beeinflusst werden (Rogers 2016). Studien legen nahe, dass die Verwendung kalorienfreier Süßungsmittel oft mit einer verbesserten Gesamternährung und einem ausgewogeneren Essverhalten einhergeht (Drewnowski/Rehm 2014; Gibson et al. 2016): Wer ganz auf zuckerhaltige Getränke verzichtete, zeigte ähnliche Ernährungsmuster wie diejenigen, die Light-Getränke mit Süßstoffen konsumierten. Dies schloss einen erhöhten Verzehr von Fisch, Obst und Gemüse sowie eine geringere Aufnahme von Fleisch ein – im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die zuckerhaltige Getränke konsumierte.

Ein weiterer Vorteil ist der positive Einfluss von Süßstoffen auf die Zahngesundheit (Jayadevan et al. 2019): Süßstoffe werden von den Bakterien im Mund nicht abgebaut. Es kommt zu keiner schädlichen Säureproduktion, die den Zahnschmelz schädigen könnte, wodurch das Kariesrisiko reduziert wird.

Kurz: Süßstoffe sind eine leichtere, kalorienarme Alternative zu Zucker. Sie können nicht nur die Ernährung verbessern, sondern auch beim Gewichtsmanagement und der Zahngesundheit förderlich sein. Ein übermäßiger Verzehr wird allerdings nicht empfohlen (Leusmann 2017).

Mythos 2: Süßstoffe lösen Heißhungerattacken aus und machen dick

Die Ergebnisse sind nicht eindeutig. Heißhunger entsteht, wenn der Körper in eine „Hungersnot“ gerät. Durch den Appetit auf Süßes, Salziges und Fettiges soll er mit Energie und wichtigen Nährstoffen versorgt werden (Beaulieu/Blundell 2021).

Einige Studien legen nahe, dass der Verzehr von künstlichen Süßstoffen zu einer erhöhten Kalorienaufnahme führen kann (Swithers/Davidson 2008; Yang 2010): Die Aufnahme von Zucker soll Belohnungspfade im Gehirn aktivieren, die ein angenehmes Gefühl erzeugen und von Neurotransmittern wie Dopamin beeinflusst werden. Künstliche Süßstoffe hingegen aktivieren diese Pfade nur teilweise, da sie keine Kalorien liefern (Haase et al. 2009). Dadurch verlangt das Gehirn nach mehr, insbesondere süßen Nahrungsmitteln, um das Bedürfnis nach Sättigung zu befriedigen.

Andere Forschungsdaten deuten darauf hin, dass künstliche Süßstoffe den Blutzucker-Kontrollmechanismus, an dem Insulin beteiligt ist, stören (Pang et al. 2021). Dies kann wiederum das Verlangen nach Nahrung, insbesondere zuckerhaltigen Lebensmitteln, erhöhen. Der Konsum von Süßstoffen kann auch die Zusammensetzung der Darmmikrobiota verändern, was wiederum das Verlangen nach Nahrung steigern kann (Suez 2014), da die Mikroorganismen im Darm eine regulierende Wirkung auf unser Sättigungsgefühl haben können.

Fazit: Ob Süßstoffe zu Heißhungerattacken und Gewichtszunahme führen, ist abhängig von den Ernährungsgewohnheiten, dem individuellen Lebensstil und der persönlichen Wechselwirkung mit Süßstoffen.

Mythos 3: Süßstoffe sind reinste Chemie

Das liegt im Auge des Betrachters. Der Begriff „Süßstoffe“ ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Arten chemischer Verbindungen, die als Zuckerersatz dienen. Es gibt natürliche und künstliche Süßstoffe. Natürliche Süßstoffe werden aus Pflanzen oder anderen natürlichen Quellen gewonnen. Künstliche Süßstoffe, wie beispielsweise Aspartam, Saccharin oder Sucralose, werden synthetisch hergestellt.

Natürliche Grundstoffe, aber hochverarbeitet

Beispiele für natürliche Süßstoffe sind: Steviosid (E 960), das aus den Blättern der Pflanze Stevia rebaudania extrahiert wird. Der Herstellungsprozess beinhaltet allerdings ein komplexes chemisches Verfahren, was zu Diskussionen über die „Naturbelassenheit“ führt (Maschkowski et al. 2022). Siehe auch Mehr Wissen – Stevia.

Erythrit bzw. Erythritol (E 955) ist ein Zuckeralkohol, der in einigen Früchten, darunter Wassermelone, vorkommt. Erythrit kann sowohl auf natürliche Weise – durch Fermentation von Glukose mit Hefen – als auch synthetisch – durch chemische Prozesse, meist Hydrolyse von Stärke aus Mais oder Weizen –, hergestellt werden (Mach 2018). In vielen kommerziellen Produkten wird fermentiertes Erythrit verwendet, was als natürlichere Herstellungsmethode gilt.
Xylit, auch als Birkenzucker bekannt, wird ebenfalls aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen, meist jedoch nicht aus Birkenholz, sondern aus Stroh oder Maiskolbenresten (Verbraucherzentrale 2023). Die industrielle Herstellung von Xylit erfolgt in mehreren Schritten mittels aufwendiger technologischer Prozesse unter dem Einsatz von Säuren oder Laugen, wodurch dieser Süßstoff als hochverarbeitet gilt.

Einige Süßstoffe entstehen also vollständig durch chemische Prozesse. Andere sind natürlichen Ursprungs, gelten aber nach der Extraktion als hochverarbeitet. Alle zugelassenen Süßstoffe unterliegen in der Europäischen Union strengen Sicherheitsprüfungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), um ihre Unbedenklichkeit für den Menschen zu gewährleisten. Die Assoziation mit „reinster Chemie“ kann daher auch als Zeichen für Sicherheit, Qualität und fortschrittliche Produktentwicklung betrachtet werden.

Mythos 4: „Light“-Getränke kann man bedenkenlos in unbegrenzter Menge trinken

Davon ist abzuraten. „Light-“, „Zero“- oder „Diät“-Softgetränke ohne Zuckerzusatz enthalten kaum Kalorien und in der Regel Süßstoffe als Ersatz für Zucker, insbesondere Acesulfam-K, Aspartam, Cyclamat, Saccharin und Sucralose, einzeln oder kombiniert (BfR 2023).

Gesundheitsrisiko beim kombinierten Verzehr verschiedener Süßstoffe?

Obwohl die Sicherheit aller Süßstoffe von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit einzeln überprüft wird (EFSA 2023), ist die Frage nach dem Gesundheitsrisiko beim kombinierten Verzehr verschiedener Süßstoffe offen, ebenso wie die langfristigen Auswirkungen, wenn große Mengen konsumiert werden. Bei vielen Light-Getränken handelt es sich zudem um hochverarbeitete Lebensmittel, die eine Vielzahl Zusatzstoffe wie Aromen, Farbstoffe und Konservierungsmittel enthalten können (Reimers 2008). Der künstliche Lebensmittelfarbstoff Gelborange S (E110), der Limonaden ihre gelbe Farbe verleiht, steht z. B. im Verdacht, bei empfindlichen Personen Unverträglichkeitsreaktionen auszulösen und bei Kindern Hyperaktivität bzw. ADHS (EFSA 2009).

Phosphorsäure könnte Gesundheit beeinträchtigen

Cola-Produkte, zuckerfrei oder nicht, enthalten zudem oft Phosphorsäure als Zusatzstoff (E338), die für die dunkle Farbe und den säuerlichen Geschmack verantwortlich ist. Cola darf bis zu 700 Milligramm pro Liter Phosphorsäure enthalten, 50–75 Prozent der empfohlenen Tageszufuhr eines Erwachsenen. Zu viel Phosphorsäure wird aber mit verschiedenen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, wie Gefäßverkalkung, Nierenschädigungen und vorzeitiger Alterung. Zudem greift Phosphorsäure den Zahnschmelz an (Neel et al. 2016).

Gewöhnung an süßen Geschmack

Auch ist bekannt, dass übermäßiger und regelmäßiger Konsum von Süßstoffen in Getränken dazu führen kann, dass sich der Geschmackssinn an die intensive Süße gewöhnt (Bornstein et al., 1993). Dies kann dazu führen, dass natürliche, weniger süße Getränke oder Lebensmittel als weniger ansprechend empfunden werden, was wiederum die Ernährungsgewohnheiten langfristig negativ beeinflussen kann.

Fazit: Light-Getränke sollten die Ausnahme bleiben. Für den täglichen Flüssigkeitsbedarf sind Wasser oder ungesüßter Tee die bessere Wahl.

Mythos 5: Süßstoffe bilden beim Kochen gefährliche Substanzen

Kommt darauf an. Die meisten Süßstoffe, wie Saccharin, Acesulfam-K und Cyclamat, sind relativ hitzestabil und überstehen den Kochprozess unbeschadet, Aspartam verliert bei hohen Temperaturen seine Süßkraft. Einige Süßstoffe verändern bei hohen Temperaturen jedoch ihre chemische Struktur, wodurch in Verbindung mit anderen Inhaltsstoffen unerwünschte und gesundheitsschädliche Substanzen entstehen können.

Sucralose nicht erhitzen

Besondere Vorsicht ist bei Sucralose geboten. Erhitzen auf Temperaturen über 120–150 Grad Celsius, wie beim Backen, Frittieren oder Rösten, führt zur Zersetzung, wodurch sich krebserzeugende Verbindungen bilden können (BfR 2019). Das Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher, Lebensmittel mit Sucralose nicht übermäßig zu erhitzen. Zudem wird geraten, Sucralose erst nach dem Erhitzen von Lebensmitteln zuzusetzen, bis eine abschließende behördliche Risikoeinschätzung vorgenommen wurde.

Aspartam zerfällt

Auch Aspartam zerfällt beim Erhitzen sowie im menschlichen Verdauungstrakt in seine Einzelbestandteile (BfR 2023). Das dabei freigesetzte Methanol wird häufig mit einer giftigen Wirkung in Verbindung gebracht, sei es als Nervengift oder krebserregende Substanz. Dabei ist die Menge an Methanol, die durch Kochen oder den Verzehr Aspartam-haltiger Lebensmittel entsteht, vergleichsweise gering. Zum Vergleich: Ein Aspartam-haltiges Light-Getränk enthält so viel Methanol wie ein Orangensaft: 12 Milligramm pro 200 Milliliter (Teuber 2005). Ein Glas Tomatensaft enthält rund 60 Milligramm Methanol pro 200 Milliliter, also das Fünffache.

Eine toxische Wirkung durch Methanol tritt erst ab einer Aufnahme von 200 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht auf (Finer 2005). Dazu müsste eine durchschnittliche Person rund 600–1.700 Dosen Softgetränke konsumieren. Selbst bei erhöhtem Verzehr und unter Einbeziehung von Obst, Saft und gelegentlichem Alkoholkonsum liegt der Methanol-Verzehr durch Aspartam-haltige Lebensmittel weit unter der als toxisch geltenden Schwelle. Gesundheitliche Bedenken sind bei normalem Lebensmittelkonsum nicht zu erwarten.

Auch zum Anhören: Mythen & Fakten über Süßstoffe

Hinweis: Die Audiodatei wurde mithilfe des „Text to Speech & AI Voice“-Generators von ElevenLabs erstellt.

Mehr zu Süßstoffen

Nachweise

Beaulieu K, Blundell J (2021): The psychobiology of hunger – A scientific perspective. Topoi 40:565–574

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2023): Alternativen zu Zucker: Wie viel Süßungsmittel steckt in Erfrischungsgetränken? Stellungnahme Nr. 006/2023

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2023): Führen Mischungen mehrerer Süßungsmittel zu gesundheitlichen Risiken für den Menschen? Stellungnahme Nr. 005/2023

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2019): Süßstoff Sucralose: Beim Erhitzen von Lebensmitteln können gesundheitsschädliche Verbindungen entstehen. Stellungnahme Nr. 012/2019

Bornstein et al. (1993): Sweetness adaptation of some carbohydrate and high potency sweeteners. J of Food Sci 58(3):595–598

Drewnowski A, Rehm CD (2014): Consumption of low-calorie sweeteners among U.S. adults is associated with higher Healthy Eating Index (HEI 2005) scores and more physical activity. Nutrients 6(10):4389–4403

EFSA – European Food Safety Authority (2009): Scientific Opinion on the re-evaluation of Sunset Yellow FCF (E 110) as a food additive. EFSA Journal 7(11):1330

EFSA – European Food Safety Authority (2023): Sweeteners

Finer N (2005): Aspartame and its effects on health. BMJ 330(7486):310

Gibson et al. (2016): Low calory beverage consumption is associated with energy and nutrient intakes and diet quality in british adults. Nutrients 8(1):9

Haase et al. (2009): Cortical activation in response to pure taste stimuli during the physiological states of hunger and satiety. Neuroimage 44(3):1008–1021

Jayadevan et al. (2019): Dental Caries and Sugar Substitutes: A Review. IOSR JDMS 18(5):13–23

Krumbe A (2017): Süßstoff – ein Stück Lebensqualität (nicht nur) für Diabetiker. Ernährung & Medizin 32(02):95–96

Leusmann E (2017). Stoff für Süßmäuler. Nachrichten aus der Chemie 65(9):887–893

Mach RL (2018): Alternative Süßungsmittel. Aktuel Ernährungsmed 43:S50–S54

Maschkowski et al. (2022): Süßungsmittel – Zusatzstoffe mit nahezu kalorienfreier Süßkraft. Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)

Neel et al. (2016): Demineralization-remineralization dynamics in teeth and bone. Int J Nanomedicine 11:4743–4763

Pang et al. (2021): The impact of artificial sweeteners on body weight control and glucose homeostasis. Front Nutr – Sec Nutrition and Metabolism 7:598340

Reimers C (2008): Zusatzstoffe in der Nahrung – nicht immer unbedenklich. EHK 57:352–356

Rogers et al. (2016): Does low-energy sweetener consumption affect energy intake and body weight? A systematic review, including meta-analyses, of the evidence from human and animal studies. Int J Obes 40(3):381–394

Roth K, Lück E (2012): Süß, süßer, Süßstoff – Kalorienfreie Süße aus Labor und Natur. Chem Unserer Zeit 46:168–191

Suez et al. (2014): Artificial sweeteners induce glucose intolerance by altering the gut microbiota. Nature 514:181–186

Swithers SE, Davidson TL (2008): A role for sweet taste: calorie predictive relations in energy regulation by rats. Behav Neurosci 122(1):161–173

Teuber G (2005): Gesundheitliche Bewertung des Lebensmittelzusatzstoffes Aspartam. Diplomarbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg

Verbraucherzentrale (2023): Kokosblüten-, Birkenzucker, Stevia & Co.: Alternative Süßmacher im Trend

Yang Q (2010): Gain weight by „going diet?“ Artificial sweeteners and the neurobiology of sugar cravings. Yale J Biol Med 83(2):101–108

Titelbild: Africa Studio/stock.adobe.com


Stand: Februar 2024

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