Unterschiedliche Varianten von Süßstoffen

Mehr Wissen über Süßstoffe

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Inhalt


Was bedeutet der ADI-Wert?

Die laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) maximal akzeptierbare tägliche Aufnahmemenge wird als ADI-Wert angegeben (ADI steht für Acceptable Daily Intake). Beim am häufigsten verwendeten Süßstoff Aspartam liegt der ADI-Wert beispielsweise bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für den Menschen.

Zur Erreichung dieses kritischen Werts müsste eine 60 Kilogramm schwere erwachsene Person jeden Tag lebenslang 12 Dosen Limonade (mit 330 ml Inhalt) trinken. Diese müssten wiederum den in Limonaden zugelassenen Höchstgehalt an Aspartam enthalten, also 600 Milligramm pro Liter.

In der Praxis werden die zugelassenen Höchstmengen für Aspartam in Softdrinks zum Teil um die drei- bis sechsfache Menge unterschritten (EFSA 2013, 2023).


Zuckeralkohole statt Süßstoffe verwenden?

Wer Zucker ersetzen möchte, kann statt auf Süßstoffe auch auf Zuckeralkohole bzw. Zuckeraustauschstoffe setzen. Diese zählen, ebenso wie Süßstoffe, zu den Lebensmittelzusatzstoffen und besitzen demnach eine festgelegte E-Nummer.

Zuckeralkohole werden weitgehend insulinunabhängig im Stoffwechsel verwertet, der Einfluss auf den Blutzuckerspiegel ist daher gering. Und im Gegensatz zu Süßstoffen wirken sich Zuckeralkohole auf die Ausschüttung von Sättigungshormonen aus und führen zu einer verlangsamten Magenentleerung. In größeren Mengen können sie allerdings abführend wirken. Machen sie mehr als zehn Prozent eines Lebensmittels aus, muss der Hinweis „kann abführend wirken“ auf der Verpackung stehen.

Energiefrei sind Zuckeralkohole allerdings nicht: Sie enthalten im Schnitt 2,5 kcal pro Gramm und damit deutlich weniger als gewöhnlicher Zucker (Saccharose) mit 4 kcal pro Gramm. Für kalorienfreie Softdrinks oder Lebensmittel kommen sie aus diesem Grund nicht in Frage. Eine Ausnahme bildet der Zuckeralkohol Erythrit, der keine Kalorien liefert.

Der Vorteil der Zuckeralkohole ist: Es gibt keine Höchstmengen, die toxikologisch wirken können, wie beispielsweise bei einigen Süßstoffen. Die Süßkraft von Zuckeralkoholen ist allerdings geringer als die von Zucker (mit Ausnahme von Xylit). Um die Süßkraft zu erhöhen, werden Zuckeralkohole daher häufig mit Süßstoffen kombiniert.

Die Grafik zeigt einen tabellarischen Überblick, wie viel Energie und Süßkraft Zucker, Fructose, Süßstoffe und Zuckeralkohole liefern und wie ihr Einfluss auf Insulinspiegel, Verdauung und Zähne ist.

Stevia – die neue Trendsüße

Stevia, bzw. der Extrakt der Steviapflanze, hat viele Freunde, die den „pflanzlichen“ Ursprung dieses Süßungsmittels schätzen. Seit Dezember 2011 sind aus dem Steviakraut extrahierte Steviolglycoside als Süßungsmittel in EU-Mitgliedstaaten zugelassen. Das Steviakraut selbst ist allerdings nicht als Lebensmittel zugelassen, es gilt nämlich als Novel Food. Und die „gesundheitliche Unbedenklichkeit reiner Steviablätter“ ist noch nicht abschließend belegt (Maschkowski/Lobitz 2022). Eine Ausnahme gibt es aber doch: Kräuter- und Früchteteemischungen dürfen getrocknete Steviablätter als Zutat enthalten.

Steviolglycoside sind als Lebensmittelzusatzstoff unter der E-Nummer 960 als Süßungsmittel zugelassen, allerdings nur für konventionell erzeugte Lebensmittel, nicht für Bio-Lebensmittel. Sie werden mithilfe eines chemischen Verfahrens extrahiert und müssen die gesetzlich definierten Reinheitsanforderungen erfüllen, wenn sie in Lebensmitteln eingesetzt werden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat als akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI-Wert) 4 Milligramm Steviolglycoside pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag beim Menschen festgelegt (EFSA).

Steviolglycoside weisen im Vergleich zu Haushaltszucker eine bis zu 300-fache Süßkraft auf. Zudem beeinflussen sie den Blutzuckerspiegel praktisch gar nicht und liefern keine Kalorien. Als Zuckerersatz sind ihnen allerdings Grenzen gesetzt: In höheren Mengen verursachen Steviolglycoside einen lakritzähnlichen und bitteren Beigeschmack (Rempe 2022).


Xylit – teuer, aber so süß wie Zucker

Zuckeralkohole werden meistens aus Pflanzen gewonnen. Etwa das auch als Birkenzucker bekannte Xylit. Häufig wird es allerdings nicht aus der Birke gewonnen, stattdessen dienen Maiskolben, Stroh oder Holzspäne als Grundlage für die industrielle Herstellung (Reduction2025). Da die Verfahren sehr aufwendig sind, gehört Xylit zu den teuren Zuckerersatzstoffen.

Wie die übrigen Zuckeralkohole verursacht Xylit keine Karies (ist also nicht kariogen), da (fast) kein Abbau durch Plaque bildende Bakterien stattfindet. Zudem ist der Anstieg des Blutzuckerspiegels nach dem Verzehr gering. Im Gegensatz zu den anderen Zuckeralkoholen süßt Xylit genauso stark wie herkömmlicher Haushaltszucker (Lebensmittelklarheit 2022).


Süße Claims – was Begriffe wie „zuckerfrei“ wirklich bedeuten

Bezeichnungen wie „zuckerfrei“, „ohne Zuckerzusatz“ oder „nur mit Zucker aus Früchten“ sind immer häufiger auf Lebensmitteln zu finden. Mit dem Ziel, ihnen ein gesundes Image zu verleihen. Dies gelingt, indem statt herkömmlichem Zucker Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe verwendet werden. Diese zählen zu den zulassungspflichtigen Zusatzstoffen und müssen laut Lebensmittelverordnung (EU-VO Nr. 1169/2011) im Zutatenverzeichnis eines Lebensmitteletiketts aufgeführt werden. Und zwar unter dem Klassennamen „Süßungsmittel“ mit entweder dem (rechtlich vorgeschriebenen) Namen, z. B. „Aspartam“, oder der zugehörigen E-Nummer, z. B. „E 951“ für Aspartam.

Um diese Süßstoffe oder Austauschstoffe tatsächlich als Zucker bzw. Süßungsmittel zu identifizieren, ist jedoch besonderes Wissen erforderlich: Für die Nährwertberechnung in der Nährwerttabelle werden nämlich alle im Produkt enthaltenen Einfach- und Zweifachzucker zu einem Wert zusammengefasst (Gesamtzuckergehalt) und unter der Kategorie „Kohlenhydrate“ angeführt. Welche Menge einer Zuckerart im Produkt enthalten ist, wie viel Zucker dem Produkt bei der Verarbeitung zugefügt wurde, und welche Zutaten zum Gesamtzuckergehalt beitragen, ist aus der Nährwerttabelle nicht wirklich ersichtlich.

Während Süßstoffe weder zum Zucker- noch zum Energiegehalt eines Lebensmittels beitragen, sieht es bei Zuckeralkoholen anders aus. Diese können zum Nährwert beitragen, müssen aber nicht verpflichtend in der Nährwerttabelle eines Lebensmittels aufgeführt werden.

So verlassen sich die meisten Menschen auf Werbeclaims wie „Zuckerfrei“, ohne zu hinterfragen, welche Süßstoffe oder Zuckerersatzstoffe stattdessen zugefügt wurden. Dies führt häufig zu einer Fehleinschätzung des Nährwertprofils eines Lebensmittels. Nach der Nährwerttabelle schauen Verbraucher am zweithäufigsten auf das Zutatenverzeichnis, wenn sie sich über den Zuckergehalt eines Lebensmittels informieren wollen. Dass die Zutaten dort mengenmäßig in absteigender Reihenfolge nach ihrem Gewichtsanteil geordnet sind, wissen die meisten (Zühlsdorf et al. 2021).


Der Health-Halo-Effekt

Ernährungswissenschaftler kritisieren den sogenannten „Gesundheits-Heiligenschein“ bzw. Halo-Effekt (nach dem englischen Wort für Heiligenschein, halo) (Brownbill et al. 2018). Schließlich wirken einzelne Claims wie „zuckerfrei“ oder „ungesüßt“ als Schlüsselsignale für die Qualitätseinschätzung des jeweiligen Lebensmittels. Besonders kaufaktivierend wirken „Positiv-Claims“ wie „Süße nur aus Früchten“, „nur fruchteigener Zucker“, „mit Honig gesüßt“ und Clean-Claims, z. B. „ohne Zuckerzusatz“, „ohne künstliche Süßstoffe“ (Zühlsdorf et al. 2021).

Die (EU-)Gesetzgebung hat mit der Health-Claims-Verordnung (EU-VO Nr. 1924/2006) Teilbereiche des Gesundheitsmarketings reglementiert (EU 2007): Nährwertbezogene Aussagen zum Zuckergehalt dürfen demnach nur verwendet werden, wenn bestimmte, im Anhang der Verordnung festgelegte Anforderungen erfüllt sind:

  • Zuckerarm: Das Lebensmittel darf bei festen Produkten maximal fünf Gramm Zucker je 100 Gramm enthalten, bei flüssigen Lebensmitteln 2,5 Gramm je 100 Milliliter.
  • Zuckerfrei: Gesetzlich erlaubt ist ein Restgehalt von maximal 0,5 Gramm Zucker je 100 Gramm oder je 100 Milliliter.
  • Zuckerreduziert: Der Zuckergehalt des Lebensmittels muss mindestens um 30 Prozent im Vergleich zu anderen Lebensmitteln gleicher Art reduziert sein. Die Angabe ist nur zulässig, wenn außerdem der Energiegehalt (kcal) gleich oder niedriger ist als der der Vergleichsprodukte.
  • Ohne Zuckerzusatz: Dem Produkt dürfen weder Einfach- oder Zweifachzucker noch andere wegen ihrer süßenden Wirkung eingesetzte Zutaten zugesetzt werden. Enthalten Zutaten von Natur aus Zucker, sollte darauf hingewiesen werden (keine Pflichtangabe).

Für Süßungsmittel in Lebensmitteln gelten eine Reihe spezieller Kennzeichnungsvorschriften (Lebensmittelklarheit 2022):

  • Lebensmittel, die einen Zusatzstoff enthalten, müssen den Hinweis „mit Süßungsmittel(n)“ tragen. Sind in dem Lebensmittel sowohl Zucker als auch Süßungsmittel enthalten, muss auf dem Etikett stehen: „mit Zucker(n) und Süßungsmittel(n)“.
  • Zusätzlich muss die Zutatenliste wie bei allen Zusatzstoffen jeweils die Klassenbezeichnung – in diesem Fall „Süßungsmittel – und die Substanz oder die E-Nummer des Zusatzstoffs aufführen, also beispielsweise „Süßungsmittel Aspartam“.
  • Bei den Zuckeraustauschstoffen muss der Warnhinweis „Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ auf der Verpackung erscheinen, wenn ihr Anteil über 10 Prozent am Gesamtprodukt beträgt.
  • Eine besondere Kennzeichnung ist auch für Aspartam und Aspartam-Acesulfam-Salz verpflichtend. Wurde eines der beiden Süßungsmittel zugesetzt, muss der Hersteller darauf hinweisen, dass das Lebensmittel eine Phenylalaninquelle enthält. Dieser Hinweis ist für Menschen mit der seltenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie wichtig.
  • Bei lose verkauften Lebensmitteln muss das einzelne Süßungsmittel nicht explizit genannt werden. Es genügt derzeit die Angabe „mit Süßungsmittel(n)“ auf einem Schild und gegebenenfalls Hinweise auf die abführende Wirkung oder die Phenylalaninquelle.
Die Grafik zeigt das Etikett eines zuckerfreien Kaugummis und erklärt, dass Zuckeraustauschstoffe nicht genannt werden müssen, sich aber hinter der Informationen "mehrwertige Alkohole" verstecken können.

Daten zum Süßungsmittelkonsum in Deutschland

Haushaltszucker hat einen schlechten Ruf: Nur 4,7 % der Befragten gaben 2020 in einer Studie mit 1.203 Teilnehmenden an, dass sie Haushaltszucker als gesund empfinden. Honig schätzen dagegen 71,7 % als gesundheitsfördernd ein. Darauf folgen im Gesundheitsranking der Süßungsmittel mit weitem Abstand Dattelpulver mit 42,7 %, Agavendicksaft mit 36,1 %, Birkenzucker( Xylit) mit 36 %, Erythrit mit 35,7 %, Traubenfruchtsüße mit 35,3 %, Kokosblütenzucker mit 34,4 % und Traubenzucker mit 32,8 %. Stevia schätzt immerhin noch rund ein Viertel der Befragten (25,9 %) als gesund ein, Glukose-Fruktosesirup nur 11,1 %.

Die Ausgaben für Süßungsmittel steigen: 2018 lag der der Pro-Kopf-Umsatz für Honig, Süßstoffe und Zucker bei insgesamt 12,46 €. Während er bis 2021 mit 11,95 € leicht rückläufig war, stieg er seitdem auf 14,15 € (Stand 2023). Die Prognose vermutet einen deutlichen Aufwärtstrend bis 17,90 € im Jahr 2028. Süßstoffe haben einen vergleichsweise geringen Anteil von 1,39 € (2018), 1,25 € (2021) und 1,50 € im Jahr 2023.

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Nachweise

Brownbill et al. (2018): Industry use of ‘better-for-you’ features on labels of sugar-containing beverages. Public Health Nutr 21(18):3335–3343

EFSA – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (2023): Aspartam

EFSA – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (2013): EFSA schließt vollständige Risikobewertung zu Aspartam ab und kommt zu dem Schluss, dass es in den derzeitigen Expositionsmengen sicher ist

EFSA – Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (o. D.): Süßungsmittel

EU (2007): Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel

Lebensmittelklarheit (2022): Süße Zusatzstoffe: Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe

Maschkowski G und Lobitz R (2022): Zucker – Beliebtes Süßungsmittel in vielen Varianten. Überarbeitet von Dr. Christine Rempe

Reduction2025 (2023): Technologie-Forum zur Reduktion von Zucker, Fetten und Salz in Fertigprodukten

Rempe C (2022): Steviakraut und Stevia-Extrakte – Zuckerersatz mit Grenzen. Bundeszentrum für Ernährung (BZfE)

Statista Market Insights: Süßungsmittel – Deutschland

Verbraucherzentrale Bundesverband. (2021). Welche dieser Zuckerarten und Süßungsmittel empfinden Sie als gesund? Statista

Zühlsdorf et al (2021): „Süße“ Marketingclaims: Wie verstehen Verbraucher Werbehinweise zu Zuckerreduktion, Süßungsmitteln und anderen süßenden Zutaten auf Lebensmitteln? Zusammenfassender Ergebnisbericht

Titelbild: Africa Studio/stock.adobe.com

Grafiken: Sonja Heller, www.designbrandung.de


Stand: Februar 2024

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