Superfoods – die Debatte: Stimmen von Verbraucherschutz bis Industrie
In der Debatte zeigen wir die Positionen wichtiger Akteure der Ernährungsszene, mit Stimmen aus Wirtschaft, Politik, Verbraucherschutz, Non-Profit-Verbänden oder der Forschung. Die Statements beziehen sich auf das jeweilige Thema in der Rubrik Forschungsstand. Redaktionen dürfen die Texte verwenden, wenn sie den Ernährungsradar als Quelle nennen.
Inhalt
Was sagen die Verbraucherzentralen zu Superfoods?
Aus Sicht der Verbraucherzentralen ist gegen „Superfoods in Form von Früchten und Samen frisch, getrocknet oder als Püree“ ernährungsphysiologisch nichts einzuwenden (Verbraucherzentrale.de 2022a). Allerdings bergen exotische Superfoods laut den Verbraucherzentralen auch Risiken, denn in einigen Produkten wurden erhöhte Werte für Schwermetalle und Pflanzenschutzmittel gemessen. Zudem können exotische Lebensmittel Überempfindlichkeitsreaktionen und Allergien auslösen. Bei Lebensmittelkontrollen werden auch immer wieder schädliche Keime entdeckt (Lerch et al. 2018), wobei die Situation als zufriedenstellend eingeschätzt wird.
Wer Medikamente einnimmt, sollte bei einigen Superfoods vorsichtig sein. Das gilt zum Beispiel für bestimmte Gerinnungshemmer, bei denen man Goji-Beeren, Grapefruits, Granatapfel, Papaya und Ginseng meiden sollte (Verbraucherzentrale.de 2022b). Für problematisch hält die Verbraucherzentrale wissenschaftlich nicht belegte Werbeaussagen mit Gesundheitsversprechen, die bei Superfoods oft auftreten: Sie könnten Käufer in die Irre führen.
Was sagt die Industrie zu Superfoods?
Der Lebensmittelverband Deutschland betont grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit der Konsumenten: Menschen sollten frei wählen können, was sie essen (Lebensmittelverband Deutschland 2016). So sieht der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft die Rolle importierter Lebensmittel, darunter exotische Superfoods. Sie erweitern das Angebot und bieten den Kunden Vielfalt. Superfoods tragen demnach dazu bei, „dass Abwechslung und Ausgewogenheit [in der Ernährung] auch gelebt werden“ (Lebensmittelverband Deutschland 2018).
Verbraucher seien schließlich individuell, so die Position, ein umfangreiches und vielseitiges Produktangebot – wozu auch Superfoods gehören – sollte sichergestellt sein. Auch dürften verschiedene Ess- und Lebensstile gelebt werden, dafür liefern die Hersteller Produkte oder entwickeln sie neu, auch mit bisher unbekannten Zutaten. „Eingriffe in die freie Entscheidung des Verbrauchers und der anbietenden Lebensmittelwirtschaft [wie z. B.] Geschmacks- und Rezepturvorgaben“ lehnt der Lebensmittelverband Deutschland generell ab (Lebensmittelverband Deutschland 2023).
Was sagen Anhänger alternativer Ernährungsformen zu Superfoods?
Die Szene ist groß, eine einheitliche Position gibt es nicht. Doch setzen einzelne Akteure auf ihren Portalen im Netz stark auf Superfoods – bis hin zu der Behauptung, Superfoods seien Heilmittel. So ist zum Beispiel auf dem Portal „Zentrum der Gesundheit“ zu lesen: „Superfoods sind Medizin“; sie müssten daher „zwingend Bestandteil jeder Therapie“ sein (Zentrum der Gesundheit 2023). Wissenschaftlich lässt sich das keinesfalls belegen. Besondere Zusätze wie Graspulver oder Bentonit – eine Mischung aus Tonmineralien – werden in alternativen Foren ebenfalls als Superfoods beworben. Angeblich sollen sie den Körper entgiften, aber sichere wissenschaftliche Nachweise für den Menschen fehlen dafür.
In einigen traditionellen Medizinsystemen nehmen bestimmte Superfoods eine herausragende Stellung ein, etwa Butterschmalz (Ghee) und Kurkuma in der altindischen Medizin oder Ingwer in der chinesischen Medizin (Rosenberg 2023). Sie wirken nachweislich günstig auf Körper und Verdauung, doch können sie keine schweren Krankheiten wie Krebs verhindern (siehe Forschungsstand). Eher hängt ihre Wirkung mit den Prinzipien einer gesunden Lebensführung zusammen, wie die traditionellen Systeme sie empfehlen.
Nachweise
Lebensmittelverband Deutschland (2016): „Behalte die Wahl“ – Deutsche Lebensmittelwirtschaft stellt Positionen zur Bundestagswahl 2017 vor. Pressemitteilung vom 8.11.2016
Lebensmittelverband Deutschland (2018): Gesund heißt abwechslungsreich und ausgewogen. Pressemitteilung vom 7.3.2018
Lebensmittelverband Deutschland (2023): Verantwortung – Wir fordern Freiheit und Verantwortung für Unternehmen und Konsumierende
Lerch et al. (2018): „Superfood“ – hält nicht, was der Name verspricht. Untersuchungsergebnisse 2017. CVUA Stuttgart
Rosenberg K (2023): Ernährung als Medizin
Verbraucherzentrale.de (2022a): Superfood: Hype um Früchte und Samen
Verbraucherzentrale.de (2022b): Wechselwirkungen mit Medikamenten
Zentrum der Gesundheit (2023): Superfoods – Die 15 besten
Titelbild: fascinadora/stock.adobe.com
Stand: Juni 2023