Strategien und Möglichkeiten zur Senkung des Zuckerkonsums
Unser Zuckerkonsum liegt deutlich über der empfohlenen Menge, dabei können wir geschickt unseren Konsum im Alltag senken.
Der Medienbeitrag wurde von Katharina Weiß im Rahmen ihres Studiums der Lebensmittel- und Gesundheitswissenschaften (M. Sc.) an der Universität Bayreuth erstellt und dem Projekt Ernährungsradar für den Bereich E-Tutor zur Verfügung gestellt. Der Beitrag wurde im September 2023 veröffentlicht.
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Warum wir noch einmal über unseren Zuckerkonsum sprechen sollten
Gehörst du auch zu den Menschen, die nach dem Essen immer noch etwas Süßes brauchen? Mir geht es auf jeden Fall so – es geht doch nichts über ein Stückchen Schokolade. Oder liebst du deine Pommes mit einem extra großen Klecks Ketchup? Vielleicht sollten wir einmal versuchen, diese Gewohnheiten abzulegen. Wir alle essen nämlich viel zu viel Zucker. Heute geht es darum, warum das eigentlich so schlimm ist und warum uns das oft unbeabsichtigt passiert. Und zum Schluss werde ich dir noch ein paar Tipps geben, worauf du achten kannst, um zukünftig weniger Zucker zu essen.
Zuckerkonsum: Zufuhrempfehlungen, Realität und Krankheitsrisiken
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO und deutschen Fachgesellschaften sollten maximal 10 Prozent unserer täglichen Energiezufuhr aus freien Zuckern bestehen. Freie Zucker umfassen Zucker, welche Hersteller oder Verbraucher den Lebensmitteln und Getränken zusetzen sowie in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten natürlich vorhandene Zucker. Nicht enthalten sind damit zum Beispiel die in Milch und Milchprodukten vorhandene Lactose sowie Fructose in unverarbeitetem Obst.
Ein durchschnittlicher Erwachsener sollte täglich circa 2000 Kilokalorien zu sich nehmen. 10 Prozent entsprechen damit maximal 50 Gramm freien Zuckern. Das wären zum Beispiel zweieinhalb Schokomuffins.
Die Realität in Deutschland sieht leider etwas anders aus. Laut der letzten Nationalen Verzehrsstudie NVS II machen freie Zucker bei Männern und Frauen circa 13 Prozent der täglichen Energiezufuhr aus. Gerade junge Erwachsene essen aber nochmal deutlich mehr Zucker: Frauen und Männer zwischen 15 und 29 konsumieren täglich so viel Zucker, dass das ca. 17 Prozent der Energiezufuhr ausmacht.
Warum empfiehlt die WHO, den Zuckerkonsum zu reduzieren?
Es gibt mittlerweile gute Belege dafür, dass eine gesteigerte Zufuhr von freien Zuckern dazu führt, dass wir an Gewicht zunehmen – und umgekehrt eine Zuckerreduktion zu geringerem Körpergewicht. Das gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Zum Beispiel haben diejenigen Kinder, die sehr viele zuckergesüßte Getränke trinken, ein deutlich höheres Risiko für Übergewicht als Kinder, die wenig Limo & Co trinken.
Die Gewichtszunahme aufgrund von Zucker liegt wohl nicht am Zucker an sich. Zuckerreiche Lebensmittel haben typischerweise eine hohe Energiedichte. Sie liefern also viele Kalorien pro Gewichtseinheit. Essen wir häufig und reichlich Lebensmittel mit einer hohen Energiedichte kann das dazu führen, dass wir stark an Gewicht zunehmen. So enthält ein einzelner Keks mit Schokostückchen zum Beispiel 95 Kilokalorien und 6 Gramm Zucker – und wer von uns schafft es schon, nach dem ersten Keks aufzuhören?
Außerdem lässt der viele Zucker unseren Insulinspiegel stark ansteigen. Das führt wiederum zu einem Zuckerabfall im Blut und zu Heißhunger. Und noch ein weiteres Problem tritt auf: Flüssigkeiten sättigen uns kaum. Trinkst du täglich 1 Liter Fanta, die 9,1 Gramm Zucker und 38 Kilokalorien pro 100 Milliliter enthält, sind das schon fast 100 Gramm Zucker und 380 Kalorien. Durch den Liter Fanta hast du also fast ein Viertel deines täglichen Kalorienbedarfs gedeckt. Du fühlst dich aber nicht gesättigt, sondern isst möglicherweise sogar noch mehr.
In welchen Lebensmitteln steckt besonders viel Zucker?
Wer wissen möchte, wie viel und welche Zucker ein Lebensmittel enthält, muss fast schon Detektiv spielen. Die gesamte Zuckermenge eines Lebensmittels verraten die Nährwertangaben auf der Verpackung. Diese sind in der EU verpflichtend und müssen immer bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter angegeben werden. Bei einem Fruchtjoghurt findest du beispielsweise die Angabe 11,8 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Diese Zahl nennt den gesamten Zucker im Joghurt, das heißt alle natürlich enthaltenen und zugefügten Zucker.
Möchtest du herausfinden, ob freie Zucker vorhanden sind, musst du die Zutatenliste prüfen. Das ist gar nicht immer so einfach. Denn Zucker versteckt sich hinter sehr vielen weiteren Bezeichnungen wie etwa Dextrose, Glukose-Fruktose-Sirup, Gerstenmalzextrakt oder Maltodextrin. Die Menge der jeweiligen Zutaten kann man anhand der Reihenfolge abschätzen: Die Zutat mit dem größten Anteil steht am Anfang, die mit dem geringsten Anteil am Ende.
Und worin steckt nun der ganze Zucker, den wir täglich zu uns nehmen?
Bei Süßwaren und Limonaden denkt jeder sofort daran, dass diese in der Regel ziemlich viel Zucker enthalten. Aber auch Fruchtsäfte und Nektare sind häufig wahre Zuckerbomben, weil sie sehr viel Fructose enthalten. Ohne die positiven Aspekte von frischem Obst, die wir z. B. den Ballaststoffen verdanken, fällt die Fructose negativ ins Gewicht. Genau deswegen schließt die WHO Zucker aus Säften auch bewusst in ihre Definition „freier Zucker“ mit ein. Weitere wichtige Quellen für freie Zucker hier in Deutschland sind Backwaren, Milcherzeugnisse, wie etwa Fruchtjoghurts, und Getreideerzeugnisse, wie zum Beispiel Müslis. Nicht zu vernachlässigen sind auch Soßen und andere würzende Zutaten – Stichwort Ketchup. Unsere Lieblings-Pommes-Soße enthält im Durchschnitt pro Esslöffel ein ganzes Stück Würfelzucker. Pro 100 Gramm sind das ca. 23 Gramm Zucker.
Falls du dich nun fragst, wieso eigentlich Ketchup Zucker enthalten muss – wir essen ihn ja schließlich zu herzhaften Speisen und nicht zum Nachtisch: Zucker wird den Lebensmitteln nicht nur zum Süßen zugesetzt. So gilt Zucker generell als Geschmacksträger. Außerdem wird er zum Gären von Hefeteig oder als Konservierungsstoff in Marmeladen eingesetzt und er verzögert schnelles Schmelzen von Eis und Sorbets – eine Funktion, die wir im Sommer wahrscheinlich alle zu schätzen wissen.
Was tun Politik und Lebensmittelindustrie?
Wie du siehst, wird die Umsetzung des Vorhabens, weniger Zucker zu essen, gar nicht so leicht, selbst wenn wir uns als Verbraucher aktiv dazu entschieden haben. Das hat auch die Politik erkannt und eine Reduktionsstrategie auf den Weg gebracht. In diesem Rahmen hat sich die Lebensmittelwirtschaft 2018 freiwillig selbst verpflichtet, den Zuckergehalt in Lebensmitteln wie Milchprodukten, Erfrischungsgetränken und Frühstückscerealien bis 2025 schrittweise zu reduzieren. Die Zwischenbilanz ist positiv: Der Zuckergehalt in fast allen untersuchten Produkten ist seitdem gesunken. So enthalten Fruchtjoghurts mittlerweile 4 Prozent weniger Zucker.
Das hört sich doch eigentlich ganz gut an, oder? Schaut man sich diese Zahlen aber genauer an, gibt es durchaus einige Produkte, die noch verbesserungswürdig sind. Bei Cola und Limonaden zum Beispiel wurde der Zuckergehalt bisher nur um 0,2 Gramm pro 100 Milliliter reduziert. Die Fanta aus unserem Beispiel hätte also statt 9,1 Gramm noch 8,9 Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Bei Müslis, die für Kinder beworben werden, wurde der Zuckergehalt ebenfalls statistisch signifikant reduziert. Dieser beträgt im Schnitt aber immer noch 24 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Aus diesem Grund steht die Reduktionsstrategie der Bundesregierung in der Kritik. Es wird bemängelt, dass mit Selbstverpflichtungen wohl keine ausreichende und vor allem zeitige Reduktion des Zuckergehalts erreicht werden kann. Kritiker fordern andere, weitergehende Maßnahmen, wie etwa eine Steuer auf zuckergesüßte Getränke.
So eine Steuer empfiehlt seit einigen Jahren auch die WHO, um den Konsum zuckergesüßter Getränke zu senken. Die Steuer sollte so hoch sein, dass sie die Preise dieser Getränke um 20 Prozent oder mehr steigen lässt. Damit könnte möglicherweise erreicht werden, dass der Verzehr dieser Getränke in gleicher Höhe reduziert wird.
Unser Nachbarland Großbritannien hat bereits positive Erfahrungen mit so einer Steuer gemacht. Durch die Steuer ist der tägliche Zuckerkonsum der Briten durch Softdrinks um 30 Prozent gesunken. Außerdem haben Lebensmittelkonzerne ihre Rezepturen angepasst, um einer stärkeren Besteuerung zu entgehen. Diese droht ab einem Zuckergehalt von 5 Gramm pro 100 Milliliter. Gleichzeitig gibt es in Großbritannien ein freiwilliges Reduktionsprogramm für andere Produktgruppen. Das Fazit der Verantwortlichen ist eindeutig: Die Steuer führt zu sehr viel größeren Zuckereinsparungen als freiwillige Selbstverpflichtungen.
Wie schaffe ich es, weniger Zucker zu essen?
Ob es jemals eine Zuckersteuer in Deutschland geben wird, steht noch in den Sternen. Bis dahin sind wir selbst dafür verantwortlich, weniger Zucker zu essen. Was kann ich selbst also nun tun? Vielen von uns sind die folgenden Tipps wahrscheinlich bekannt, aber es kann helfen, sich diese immer mal wieder ins Gedächtnis zu rufen:
- Versuche so wenig hochverarbeitete Lebensmittel wie möglich zu essen. Wenn du selbst mit frischen Zutaten kochst, kannst du selbst beeinflussen, wie viele freie Zucker in deinem Essen sind.
- Wenn du abgepackte Lebensmittel kaufst, dann schaue immer auf die Nährwertangaben und die Zutatenliste. Der Zuckergehalt des Lebensmittels wird pro 100 Gramm angegeben – 30 Gramm Zucker pro 100 Gramm bedeutet also 30 Prozent Zucker. Befindet sich unter den ersten drei Zutaten Zucker, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das Lebensmittel zu viel davon enthält.
- Versuche, weniger Limonaden und pure Säfte zu trinken. Wähle stattdessen Wasser, vielleicht mit einem Schuss Fruchtsaft, oder ungesüßte Tees.
- Vermeide fertige Kuchen und Desserts. Iss stattdessen lieber Früchte oder selbstgebackene Kuchen. In den meisten Rezepten kannst du die Zuckermenge ohne Weiteres um bis zu einem Drittel reduzieren.
Weniger Zucker zu essen hat einige Vorteile für deine Gesundheit. Das heißt aber nicht, dass du komplett auf Zucker verzichten musst. Auch die WHO sagt, dass bis zu 50 Gramm freie Zucker pro Tag noch im Rahmen sind. Achte doch einfach beim nächsten Einkauf mal auf den Zuckergehalt in deinem Joghurt und schaue nach, ob du eine Alternative mit weniger Zucker finden kannst. Meine Empfehlung ist Naturjoghurt mit frischem Obst. Damit kannst du gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Du vermeidest ein verarbeitetes Lebensmittel, weißt genau, welche Zutaten dein Joghurt enthält, und nimmst die Ballaststoffe und Vitamine aus dem frischen Obst zu dir.
Quellenangaben
AOK, BVKJ, DDG (2020): AOK, BVKJ und DDG fordern gesetzgeberische Maßnahmen zur Zuckerreduktion. Pressemitteilung vom 27. Oktober 2020
Bagus et al. (2016): Reformulierung von verarbeiteten Lebensmitteln. Bewertungen und Empfehlungen zur Reduktion des Zuckergehalts. Max Rubner-Institut
BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2019): Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten. Zwischenbericht.
Crowe T (2020): All things sweet: sugar and your health. Thinking Nutrition, Audio podcast episode
Heuer T (2018): Zuckerkonsum in Deutschland. Aktuel Ernahrungsmed 43(S 01):S8–S11
Lebensmittelklarheit (2016): Zucker hat viele Namen
Lebensmittelverband Deutschland e.V. (2020): Funktion von Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln (Infografiken)
Thow et al. (2018): Fiscal policy to improve diets and prevent noncommunicable diseases: from recommendations to action. Bulletin of the WHO 96(3):201–210
WHO – World Health Organization (2015): Fiscal Policies for Diet and Prevention of Noncommunicable Diseases. Technical Meeting Report
WHO – World Health Organization (2015): Sugars intake for adults and children. Guideline
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