Jede Menge hochverarbeitete Lebensmittel sind auf dem Bild zu sehen, von Pommes über Burger bis zu Donuts, Muffins und Popcorn.

Hochverarbeitete Lebensmittel (UPF)

Hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) – schaden sie unserer Gesundheit oder nicht?

Die Verkaufszahlen für hochverarbeitete Lebensmittel, vor allem für Softdrinks, steigen weltweit. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2023 essen bereits 70 Prozent der Deutschen regelmäßig hochverarbeitete Lebensmittel; fast 40 Prozent sogar täglich. Dabei ist die Mehrheit der Befragten der Meinung, dass unverarbeitete Lebensmittel gesünder sind (California Almonds 2023). Gleichzeitig sind weltweit immer mehr Menschen übergewichtig. Zahlreiche Studien der letzten Jahre zeigen einen Zusammenhang zwischen den Risiken für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Adipositas und dem Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel. Aber was sind hochverarbeitete Lebensmittel eigentlich? Und sind diese immer schlecht?

Kurz gesagt

  • Fast die Hälfte der täglich konsumierten Lebensmittel sind hochverarbeitet.
  • Hochverarbeitete Lebensmittel verleiten dazu, zu viele Kalorien zu konsumieren.
  • Eine einheitliche Definition, was unter hochverarbeiteten Lebensmitteln zu verstehen ist, fehlt.
  • Zahlreiche Studien zeigen, dass hochverarbeitete Lebensmittel das Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Adipositas erhöhen.
  • Kritische Stimmen sagen, dass sich nur ein Zusammenhang zwischen Softdrinks bzw. hochverarbeiteten Fleischprodukten und Krankheiten finden lässt.

Inhalt


Der Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel (UPF) steigt weltweit

Hochverarbeitete Lebensmittel (ultra-processed foods – UPF) sind weltweit auf dem Vormarsch: Die höchsten Umsätze werden in Australasien, Nordamerika und Westeuropa sowie in Lateinamerika erzielt – den Ländern, die auch mit den höchsten Übergewichtsraten zu kämpfen haben. In Afrika und Süd(ost)asien sind die Umsätze noch lange nicht so hoch, steigen aber steil an, vor allem bei Backwaren und Getränken (Baker et al. 2020).

UPF werden aber nicht nur gekauft, sondern auch gegessen und nehmen einen immer größeren Anteil an der Ernährung ein. In Europa sind es bereits zwischen knapp 14 (Italien) und 42 Prozent (Schweden), wobei Deutschland mit fast 39 Prozent weit oben in der Tabelle steht (Mertens et al. 2022).

Verschiedene Länder nennen UPF bereits in ihren nationalen Ernährungsempfehlungen und raten explizit dazu, nicht zu viele zu konsumieren, zum Beispiel Belgien, Frankreich und Portugal, aber auch Ecuador, Peru und Uruguay (Southey 2024). Und in Kolumbien werden UPF seit dem 01. November 2023 mit einer Steuer belegt, um dem steigenden Konsum der Bevölkerung entgegenzuwirken. Diese Steuer soll von 10 Prozent bis 2025 auf 20 Prozent steigen und wird auf gesüßte Getränke und hochverarbeitete Lebensmittel, die viel Salz und Fett enthalten, erhoben.

Tortendiagramm, das zeigt, welche hochverarbeiteten Lebensmittel in der EU im Durchschnitt am häufigsten gegessen werden.
Die 6 am häufigsten konsumierten hochverarbeiteten Lebensmittel in 22 EU-Staaten: Feinbackwaren, Wurstwaren, Fertiggerichte, Margarinen, Soßen und Softdrinks (erstellt von: Anke Hilla)

Der Grund für den hohen Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel dürfte in den Vorteilen dieser verpackten Lebensmittel zu finden sein: In erster Linie ist es natürlich bequem, eine Tiefkühlpizza zu kaufen, die nur noch in den Backofen geschoben werden muss. Hochverarbeitete Lebensmittel haben aber auch noch andere Vorteile (EUFIC 2017, Debattenbeitrag Lebensmittelverband Deutschland):

  • Sie sind lange haltbar und lassen sich daher gut auf Vorrat halten.
  • Sie sparen Zeit, da sie sich schnell zubereiten lassen.
  • Sie sind häufig günstiger als frische Produkte.
  • Keime und Krankheitserreger werden bei der Herstellung abgetötet.
  • Sie lassen sich mit bestimmten Nährstoffen anreichern, was für bestimmte Gruppen vorteilhaft sein kann (z. B. mit Vitamin B12 angereicherte Sojadrinks).
  • Und: Sie schmecken uns! (Wobei das dazu führen kann, dass wir zu viel konsumieren.)

Wann gelten Lebensmittel als hochverarbeitet?

Es gibt bislang keine einheitliche Definition, was unter einem hochverarbeiteten Lebensmittel (ultra-processed food – UPF) zu verstehen ist. In der EU-Verordnung Nr. 85/2004 zur Lebensmittelhygiene wird nur zwischen „nicht verarbeiteten“ und „verarbeiteten“ Lebensmitteln unterschieden. Verarbeitete Lebensmittel haben eine „wesentliche Veränderung“ erfahren – etwa durch „Erhitzen, Räuchern, Pökeln, Reifen, Trocknen, Marinieren, Extrahieren, Extrudieren oder durch eine Kombination dieser verschiedenen Verfahren“ (EU 2021).

Es gibt aber Versuche einer einheitlichen Klassifizierung, wie NOVA oder SIGA. Eine solche ist notwendig, um fundierte Aussagen über die gesundheitliche Auswirkung des Konsums hochverarbeiteter Lebensmittel machen zu können. Auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, die FAO, empfiehlt bereits seit 2015 die Berücksichtigung von Informationen über die Art und den Grad der Verarbeitung (FAO 2015).

NOVA und SIGA – Systeme zur Beurteilung, ob ein Lebensmittel hochverarbeitet ist

Nachfolgend wird das – mit weitem Abstand am häufigsten verwendete – NOVA-Klassifizierungssystem vorgestellt sowie die Weiterentwicklung SIGA. Einen Überblick über weitere Klassifizierungssysteme (IARC-EPIC, IFIC und UNC) sowie mehr Details zum NOVA- und SIGA-System gibt es in Mehr Wissen.

NOVA – häufig genutzt, aber nicht offiziell empfohlen

Das NOVA-Klassifizierungssystem wurde 2010 von einer brasilianischen Arbeitsgruppe beschrieben (Monteiro et al. 2010) und wird seither laufend weiterentwickelt. Die aktuelle Version stammt aus dem Jahr 2019 (Monteiro et al. 2019) und teilt alle industriell verarbeiteten Lebensmittel in vier Kategorien ein. Kriterien sind der Verarbeitungsgrad und die eingesetzten Zutaten.

Die NOVA-Klassifizierung wird im FAO-Report von Monteiro et al. (2019) zwar nicht empfohlen, wird aber von den allermeisten Studien genutzt. Allerdings wird das Konzept häufig kritisiert.

Grafische Gegenüberstellung von zwei Klassifizierungssystemen für hochverarbeitete Lebensmittel: NOVA und SIGA.
Gegenüberstellung der Klassifizierungssysteme NOVA und SIGA für hochverarbeitete Lebensmittel (UPF)

SIGA – Erweiterung der NOVA-Klassifizierung

Das SIGA-Klassifizierungssystem wurde 2018 als Ergänzung bzw. Weiterentwicklung des NOVA-Systems entwickelt (Fardet 2018, Davidou et al. 2020). Lebensmittel werden nicht nur nach Verarbeitungsgrad, sondern auch nach Nährstoffzusammensetzung (Nährstoffdichte bzw. -gehalt) eingeteilt. Es gibt vier Kriterien:

  • (I) Einfluss von Verarbeitungsverfahren auf Struktur und Inhaltsstoffe
  • (II) Zusatz von Zucker, Fett und/oder Salz, mit Obergrenzen
  • (III) Marker 1 (M1): natürlich vorkommende, aber stark veränderte, und naturidentische Stoffe
    Marker 2 (M2): chemisch-synthetisch und/oder mittels Extraktionsverfahren hergestellte Stoffe
  • (IV) Zusatzstoffe, die als gesundheitsbedenklich bzw. als potenzielles Gesundheitsrisiko bewertet werden (R-Zusatzstoffe)

Die drei Hauptkategorien sind: (A) nicht/gering verarbeitet, (B) verarbeitet, (C) stark verarbeitet. Diese werden in weitere Unterkategorien aufgeteilt, je nach Gehalt an Salz, Zucker- und/oder Fett, und als ausgewogen (B1, C01) oder nicht ausgewogen (B2, C02) definiert. Stark verarbeitete Lebensmittel werden nach Anzahl und Typ der Marker und/oder der R-Zusatzstoffe weiter unterteilt: C01, C02, C1, C2, C3.

Ob ein Lebensmittel als hochverarbeitet gilt oder nicht, hängt von der Definition ab!

Ob ein Lebensmittel als hochverarbeitet (UPF) gilt, unterscheidet sich je nach Klassifizierung stark: Der UPF-Anteil schwankte bei de Araújo et al. (2022) zwischen 10,2 (mit NOVA) und bis zu 47,7 Prozent (IARC-EPIC). Bei Martinez-Perez et al. (2021) bewegten sich die Werte zwischen 7,9 und 45,9 Prozent.

Die große Kritik an der allgemein verwendeten NOVA-Klassifizierung ist, dass alle hochverarbeiteten Lebensmittel (UPF) ausnahmslos als ernährungsphysiologisch unausgewogen gelten. Und dass industriell hergestellte Produkte alle in Kategorie IV eingeordnet werden, unabhängig von den Nährstoffen, die sie enthalten (Behsnilian et al. 2023, Lockyer et al. 2023). Eine Kategorie, die gemieden werden sollte, in der aber auch abgepacktes Brot oder Säuglingsnahrung landen.

Zudem wird kritisiert, dass unklar bleibt, ob hochverarbeitete Lebensmittel ein Risiko darstellen, WEIL sie verarbeitet sind oder weil sie zu viel Zucker, Salz oder gesättigte Fettsäuren enthalten. Beispiel: Frühstücksflocken enthalten zum Teil über 40 Prozent Zucker (Pfau et al. 2022, in Behsnilian et al. 2023), was keine Frage der Verarbeitung ist, sondern der Energiedichte. Nach NOVA findet aber keine weitere Unterteilung mehr statt, Zerealien sind generell hochverarbeitet, ob mit viel oder weniger Zucker.

Das SIGA-System erfasst detailliertere Angaben zu Art und Gehalt der verwendeten Zutaten. Dadurch können auch UPF gesund sein, wenn sie viele Nährstoffe enthalten, aber wenig Zucker, Fett oder Salz. Da das SIGA-System erst 2018 eingeführt wurde, lässt sich bislang aber noch nicht entscheiden, ob es zu aussagekräftigeren Aussagen führt als das NOVA-System (Behsnilian et al. 2023).


Sind hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) gesundheitsschädlich? Was wir wissen – und was wir (noch) nicht wissen

In den letzten Jahren sind zahlreiche Studien zu hochverarbeiteten Lebensmitteln bzw. ultra-processed foods (UPF) und deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit erschienen:
Lane et al. (2024) haben 45 Meta-Analysen in ihren Umbrella Review eingeschlossen. UPF wurden nach NOVA klassifiziert und sieben Gesundheitsparameter identifiziert: Mortalität, Krebs, Metabolisches Syndrom sowie psychische, Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Magen-Darm-Erkrankungen. Insgesamt fanden sie in 32 der 45 eingeschlossenen Studien einen Zusammenhang zwischen einer gesundheitsschädlichen Wirkung und UPF-Konsum.

  1. Überzeugende Evidenz (mit niedrigem bis geringem Risiko) fanden sie für Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Angstzuständen und psychischen Erkrankungen.
  2. Der Zusammenhang zwischen UPF-Konsum und Adipositas, Gesamtsterblichkeit, Depressionen und Atemproblemen war nicht ganz so stark.
  3. Hinweise auf einen Zusammenhang mit Krebs, Bluthochdruck, Morbus Crohn und Bluthochdruck waren noch schwächer.

Bröder et al. (2023) haben in ihrer systematischen Übersichtsarbeit 37 prospektive Kohortenstudien eingeschlossen, von diesen haben 36 mit der NOVA-Klassifizierung gearbeitet. Diese Ergebnisse zeigen: Für Übergewicht/Adipositas (bei Erwachsenen, 14 Studien), Bluthochdruck und Diabetes (je 5 Studien) sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen (10 Studien) geht ein hoher Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel mit einem Risiko für diese Krankheiten einher.

Für eine Aussage über einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von UPF und dem Metabolischen Syndrom sowie Allergien lagen nicht genügend Daten vor. Und die Ergebnisse in Bezug auf Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter fielen sehr unterschiedlich aus, sodass sich keine einheitliche Aussage ableiten lässt.

Weitere Übersichtsarbeiten haben ebenfalls gezeigt, dass sich ein Zusammenhang zwischen einem hohen UPF-Konsum und Krankheitsrisiken finden lässt: Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Gesamtsterblichkeit (de Araújo et al. 2021, Dicken et al. 2022, Cordova et al. 2023, Wang et al. 2024).

Überblick über das Krankheitsrisiko im Zusammenhang mit hochverarbeiteten Lebensmitteln.
Krankheitsrisiko durch den Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel (erstellt von: Anke Hilla)

Kurzzeitstudie: Gesunde Probanden nehmen an Gewicht zu, wenn sie hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) essen

Hall et al. (2019) haben eine Kurzzeitstudie mit 20 gesunden, jungen Probanden durchgeführt. Diese bekamen 2 Wochen lang – unter klinischen, kontrollierten Bedingungen – zur Hälfte nur UPF oder unverarbeitete Lebensmittel. In den darauffolgenden 2 Wochen tauschten die Gruppen die Rollen. Die Mahlzeiten stimmten in Bezug auf Kalorien, Energiedichte und Gehalt an Makronähstoffen, Zucker, Natrium und Ballaststoffen überein. Die Probanden durften selbst entscheiden, wie viel sie essen wollten.

Die Teilnehmenden, die UPF bekamen,

  • konsumierten pro Tag rund 500 Kalorien mehr aus Kohlenhydraten und Fett, aber nicht mehr Proteine;
  • nahmen während dieser 2 Wochen knapp 1 Kilogramm Gewicht zu; in den darauffolgenden 2 Wochen, in denen sie unverarbeitete Lebensmittel verzehrten, nahmen sie dieses Kilogramm wieder ab;
  • konsumierten mehr Gramm/Kalorien pro Minute.

Ein Grund für die schnellere Essensaufnahme und die Gewichtszunahme könnte laut der Autoren die weichere Textur der UPF sein, die dadurch leichter zu kauen und zu schlucken sind.


Problematisch an hochverarbeiteten Lebensmitteln: Verarbeitung UND Inhaltsstoffe

Es besteht in der Fachwelt noch keine Einigkeit, warum es Zusammenhänge zwischen dem Konsum von UPF und verschiedenen Krankheiten gibt und wie diese Zusammenhänge einzuordnen sind – bzw. ob das Problem eher die Verarbeitungsschritte sind oder die Art der Zutaten:

  • Die Verarbeitung hat Einfluss auf die Mikrostruktur der Lebensmittel, was wiederum Auswirkungen auf die Qualität hat (Lane et al. 2024). So können sich verschiedene Kontaminanten bei der Herstellung bilden (z. B. Acrylamid oder Transfettsäuren; Srour et al. 2022) oder Bisphenol A oder Phtalate aus der Verpackung in das Produkt gelangen (BfR 2024).
  • Eine weichere Textur der UPF sowie die Hyperpalatability (Schmackhaftigkeit) können dazu führen, dass diese schneller gegessen werden, was wiederum dazu führt, dass die Sättigung später eintritt und der Blutzuckerspiegel schneller steigt (Hall et al. 2019, Fazzino et al. 2023).
  • UPF enthalten häufig viel Zucker, Salz, gesättigte Fettsäuren und wenig Ballaststoffe, Proteine, Vitamine und Mineralstoffe (Martini et al. 2021).
  • Studien zeigen, dass wohl auch eine Wechselwirkung zwischen den einzelnen Zusatzstoffen (Cocktail-Effekt) sowie zwischen Zutaten und Verarbeitungsverfahren besteht, die sich negativ auswirken (Julia et al. 2022).

Bröder et al. (2023) schlussfolgern daher, dass es weitere Studien braucht: a) um herauszufinden, welche Eigenschaften hochverarbeiteter Lebensmittel aus gesundheitlicher Sicht problematisch sind (u. a. Energiedichte und Zusatzstoffe) und b) entsprechend Empfehlungen aussprechen zu können. Zudem sollten diese Studien auf eindeutige Kriterien für eine Klassifizierung nach Verarbeitungsgrad setzen.


Kritik am Konzept „hochverarbeitete Lebensmittel“ bzw. UPF oder: Korrelation ist nicht gleich Kausalität

In einer Expertenrunde, die von der British Nutrition Foundation 2022 initiiert wurde (Lockyer et al. 2023), waren sich die Teilnehmenden in folgenden Punkten einig:

  • dass es keine effektive und anwendbare Definition für UPF gibt,
  • dass eine allgemeine Empfehlung, keinerlei UPF zu essen, nicht sinnvoll ist und bei Verbrauchern für Verwirrung und Ablehnung sorgt,
  • dass schädliche Verbindungen (z. B. Acrylamid) auch beim Kochen zuhause entstehen können und
  • dass UPF für viele Menschen (Ältere, Menschen mit Mobilitätsproblemen oder einem vollen Terminkalender) nützlich sind und sogar zu einer gesunden Ernährung beitragen können: In einer Studie von Aceves-Martins et al. (2023) wurden Fertiggerichte und die entsprechenden selbst zubereiteten Gerichte hinsichtlich ihrer Nährwerte verglichen. Die Fertiggerichte enthielten mehr Zucker; in puncto Kalorien, Fett, Ballaststoffe oder Salzgehalt gab es aber keine Unterschiede.

Das Konzept, ausschließlich die Verarbeitung als Indikator für die Gesundheit eines Lebensmittels heranzuziehen, wird auch von anderen kritisiert und als nicht nützlich angesehen (Tobias/Hall 2021, Astrup et al. 2022, Visioli et al. 2022). Sie argumentieren, dass die in Studien beobachteten negativen Effekte von UPF sich durch bekannte Risikofaktoren erklären lassen, wie zu viel Zucker, eine hohe Energiedichte und/oder zu wenige Ballaststoffe. Die ungenaue Einteilung nach Verarbeitungsgrad bringe keinen Zusatznutzen.

Zudem führe eine Verwendung der NOVA-Klassifikation dazu, dass pflanzliche Alternativen zu Fleisch und Wurst in NOVA IV landen, obwohl sie gesundheitliche Vorteile aufweisen. Mit viel Fett und Salz selbst zubereitete Pommes frites wären dagegen gering verarbeitet, obwohl ihr Nährwertprofil ungünstig ist.

Sind alle hochverarbeiteten Lebensmittel das Problem? Oder nur Softdrinks und Wurst?

Ein Problem sind auch die den Studien zugrunde liegenden Daten: Meist liegen nur Beobachtungsstudien vor, die auf ungeeigneten Fragebögen basieren. Zum anderen sind die Studien in der Regel sehr heterogen, sowohl im Hinblick auf die Länder als auch auf die Teilnehmenden (Bröder et al. 2023, Lane et al. 2024). Die Klassifizierung hochverarbeiteter Lebensmittel ist relativ neu, eine nachträgliche Klassifizierung daher oft fehleranfällig. Weitere mögliche Fehlerquellen sind: Lebensmittel, die keine Kalorien liefern – wie Softdrinks mit Süßstoffen – sind oft ausgeschlossen, wodurch keine Aussagen über die Auswirkung von Zusatzstoffen möglich sind.

Die Betrachtung nach einzelnen Gruppen hochverarbeiteter Lebensmittel zeigt, dass es vor allem zuckergesüßte Softdrinks und Desserts sowie hochverarbeitete Fleischprodukte sind, die sich negativ auswirken. Auch Taneri et al. (2022) schlussfolgern in ihrer Meta-Analyse, dass sich nur für Softdrinks und hochverarbeitete Fleischprodukte gesicherte negative Effekte finden lassen. Dagegen wirken sich Frühstückscerealien oder pflanzliche Ersatzprodukte, die ebenfalls in die Gruppe hochverarbeiteter Lebensmittel eingeschlossen wurden, sogar positiv auf die Gesamtsterblichkeit aus (Taneri et al. 2022, Cordova et al. 2023).


Sind Steuern auf Softdrinks und hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) sinnvoll?

Deutschland setzt bislang auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie, um den Gehalt an Zucker, Fett und Salz zu reduzieren (https://www.reduction2025.de/). Andere Länder gehen weiter in ihren Maßnahmen: Warnhinweise auf der Verpackung, Steuern auf zuckerhaltige Getränke und UPF, Werbeeinschränkungen sowie Vermarktungsbeschränkungen und Verbote in Schulen (Lane et al. 2024, Kovic et al. 2018).

Sassano et al. (2024) haben die Auswirkungen verschiedener Steuern auf zuckergesüßte Getränke auf Übergewicht und Diabetes untersucht. Positive Effekte waren zum Teil zu sehen, vor allem bei Kindern. Die Ergebnisse waren allerdings uneinheitlich, was zum einen an den unterschiedlichen Besteuerungssystemen liegt, zum anderen aber auch an der Komplexität des Themas.


Schaden hochverarbeitete Lebensmittel der Umwelt?

Vellinga et al. (2023) haben untersucht, welche Auswirkungen ein hoher Konsum hochverarbeiteter Lebensmittel (UPF) sowie hochverarbeiteter Getränke (UPD) auf die Umwelt hat. Die Unterschiede in Hinblick auf Treibhausgasemissionen (CO2e), Flächenverbrauch, Wasserverbrauch, Versauerung sowie Eutrophierung (von Süß- und Salzwasser) waren fast alle signifikant, aber sehr klein; bis auf UPD und Flächenverbrauch, wo kein Zusammenhang festgestellt wurde.

Anastasiou et al. (2022) haben insgesamt 52 Studien ausgewertet, die sich mit den Auswirkungen von UPF auf die Umwelt befasst haben. Diese zeigen, dass Umweltprobleme entlang der gesamten Wertschöpfungskette auftreten können, einschließlich der Plastikverschmutzung aufgrund der Verpackung sowie des Verlusts von Biodiversität, weil UPF überwiegend aus billigen Rohstoffen wie Mais, Weizen, Soja und Ölsaaten bestehen bzw. diese als Füllstoffe eingesetzt werden. Fardet und Rock (2020) machen den hohen UPF-Konsum nicht nur für den Verlust an Biodiversität und natürlichen Ressourcen verantwortlich, sondern auch für soziale Ungleichheit: Die veränderten Ernährungsmuster weltweit führen zu einem Verlust lokaler Anbau- und Ernährungsgewohnheiten.

Auf der Plusseite steht die längere Haltbarkeit, die sich positiv auf Lebensmittelverschwendung auswirken kann. Zudem können pflanzliche Alternativprodukte, die häufig hochverarbeitet sind, auch dazu beitragen, dass Menschen weniger Fleisch essen – und ein hoher Fleischkonsum belastet die Umwelt ebenfalls (Willett et al. 2019). Mehr zur Planetary Health Diet


Fazit

Hochverarbeitete Lebensmittel (UPF) liefern in der Regel zu wenig Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, dafür meistens zu viel Fett, zu viel Zucker und zu viel Salz. Aufgrund der weichen Textur und der hohen Schmackhaftigkeit (Hyperpalatability) verleiten sie dazu, zu viele Kalorien aufzunehmen.

So zeigen zahlreiche Studien einen Zusammenhang zwischen dem UPF-Konsum und dem Risiko für verschiedene Krankheiten, wie Diabetes, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dennoch kann die Frage, ob UPF schädlich sind, nicht eindeutig beantwortet werden:

Zum einen gibt es keine genaue Definition, was als hochverarbeitet anzusehen ist. Zum anderen ist unklar, ob UPF ein Problem darstellen, weil sie a) weniger Nährstoffe bzw. die falschen Inhaltsstoffe enthalten, b) weil sie zu viele Zusatzstoffe enthalten, oder ob c) die Verarbeitung zu unerwünschten Verbindungen führt.

Kritiker führen zudem an, dass eine Verurteilung aller UPF nicht der Lebensrealität vieler Menschen entspräche und dass es nicht zielführend sei, die Verarbeitung von Lebensmitteln generell schlechtzureden. Einigkeit besteht aber zumindest darüber, dass es noch kein Einteilungssystem und keine allgemein anerkannte Definition gibt, was hochverarbeitete Lebensmittel genau sind – dass diese aber benötigt wird.

Mehr zu hochverarbeiteten Lebensmitteln

Nachweise

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Bröder et al. (2023): Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und ernährungsmitbedingte Erkrankungen: Eine systematische Übersichtsarbeit. In: DGE (Hrsg.): 15. DGE-Ernährungsbericht. Vorveröffentlichung Kapitel 9, Bonn

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Titelbild: beats_stock.adobe.com


Stand: August 2024

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