Der Glukose-Trick von Jessie Inchauspé
Wenn Zucker krank macht: Jessie Inchauspé beschreibt in ihrem Bestseller Der Glukose-Trick, wie Glukose im Körper wirkt und warum ein Auf und Ab des Blutzuckerspiegels besser vermieden werden sollte.
Worum geht’s?
Im ersten Teil gibt die Autorin einen Überblick, warum Glukose für den Organismus so wichtig ist, wie sie in unseren Blutkreislauf gelangt und welche Funktion sie dort hat. Zudem erklärt Inchauspé die verschiedenen Kohlenhydrate: Glukose, Fruktose, Saccharose, Stärke und Ballaststoffe – was unterscheidet sie und was geschieht mit ihnen im Körper? Im zweiten Teil finden sich Informationen zu Glukosespitzen (einem starken Anstieg des Blutzuckers), wie sich diese kurz- und langfristig auf den Körper auswirken und warum sie schädlich sein können. Dabei lautet die Kernaussage: Je flacher die Glukosekurve, desto besser für die Gesundheit.
Im dritten Teil präsentiert Inchauspé zehn hilfreiche „Hacks“ (Tricks), um einen Anstieg des Blutzuckers zu vermeiden. Das gelingt beispielsweise mit der „richtigen Reihenfolge beim Essen“ oder mit Apfelessig. Die Hacks basieren auf ausgewählten Studien, eigenen Erfahrungen mit einem Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung sowie den Erfahrungen ihrer Online-Community bzw. ihres Instagram-Accounts „Glucose Goddess“.
Wie gut sind die Infos?
Je flacher die Glukosekurve, desto besser für die Gesundheit – nicht neu, aber richtig
Die Kernaussage des Buchs lautet: Ein ausgeglichener Blutzuckerspiegel ohne steile Spitzen ist gut für die Gesundheit. Diese Tatsache ist mit Studien belegbar: Ein Anstieg des Blutzuckerspiegels löst die Ausschüttung von Insulin aus und verursacht Heißhunger. Langfristig steigt so das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Adipositas, Diabetes oder Bluthochdruck. Die anschaulichen Schilderungen der Autorin entsprechen den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und sind nicht unbedingt neu (DGE 2024).
Tracking des Blutzuckerspiegels – für Gesunde nicht dauerhaft sinnvoll
Inchauspé misst seit ihrer Zeit bei einem Biotech-Start-up (23andMe) ihren Blutzuckerspiegel kontinuierlich mithilfe eines Geräts, das an der Rückseite des Oberarms angebracht ist und von Diabetikern genutzt wird. Darüber hinaus entwickelte sie eine App, um die gewonnenen Daten auch auswerten zu können. 2018 gründete sie den Instagram-Account „Glucose Goddess“, um ihre Erkenntnisse mit anderen teilen zu können.
Unter ärztlicher Beobachtung mag es für Nicht-Diabetiker interessant sein, den eigenen Blutzuckerspiegel kontinuierlich zu messen. Aber nur für einen festgelegten Zeitraum, nicht dauerhaft. Grund: übermäßiges Tracking kann zu Essstörungen führen, zumal Menschen ohne medizinische Kenntnisse nicht in der Lage sind, die gemessenen Blutzuckerwerte zu interpretieren und daraus Verhaltensmaßnahmen abzuleiten.
Die „richtige“ Reihenfolge beim Essen – in der Praxis schwer umsetzbar
Um den Blutzuckerspiegel im Tagesverlauf in gesunder Balance zu halten, ist es laut Inchauspé wichtig, die Reihenfolge und auch die Kombination der Lebensmittel einer Mahlzeit zu berücksichtigen. Ihre Empfehlung: Ballaststoffe zuerst, Süßes zuletzt, Kohlenhydrate am besten „eingekleidet“, also idealerweise zusammen mit Eiweiß und Fett.
Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist ausschließlich die Gesamtzusammensetzung einer Mahlzeit entscheidend. Das bedeutet: Wenn Kohlenhydrate mit Ballaststoffen, Proteinen und Fetten kombiniert werden, bleibt die Glukosekurve automatisch flacher. Zudem dürfte es manchen Menschen schwerfallen, erst die Gemüsesoße und im Anschluss die trockenen Nudeln zu essen. Ganz gleich, ob die Mahlzeit zu Hause oder im Restaurant gegessen wird.
Essig vor einer (süßen) Mahlzeit – Nutzen nicht eindeutig belegt
Die Autorin rät, vor einer (süßen) Mahlzeit Essigwasser zu trinken oder einen Salat mit essighaltigem Dressing zu verzehren: Der Essig deaktiviert das Verdauungsenzym alpha-Amylase und sorgt so dafür, dass Zucker und Stärke langsamer in Glukose umgewandelt werden. Zudem hilft die Essigsäure den Muskeln, die überschüssige Glukose schneller aufzunehmen.
Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass sich Essig bei Diabetikern positiv auf den Blutzuckerspiegel auswirkt (Mitrou et al. 2015). Diese Studien wurden aber in der Regel mit wenigen, an Diabetes erkrankten Probanden durchgeführt. So lassen sich die gewonnenen Ergebnisse nicht einfach auf gesunde Personen übertragen.
Die Reaktion des Blutzuckerspiegels ist individuell unterschiedlich
Menschen bzw. ihr Blutzuckerspiegel reagieren zudem sehr unterschiedlich auf Nahrungsmittel. Dies haben verschiedene Studien wie das „Personalized Nutrition Project“ (Zeevi et al. 2015) oder die Studie von Berry et al. (2020) gezeigt. Allgemeingültige „Hacks“ und Ernährungsempfehlungen sind somit immer mit Vorsicht zu betrachten.
Wer sind die Macher?
Jessie Inchauspé besitzt einen Studienabschluss in Mathematik und einen in Biochemie. Nach ihrem Masterstudium begann Inchauspé, für das Biotech-Unternehmen 23andMe im Silicon Valley zu arbeiten. Eine Studie dieses Unternehmens, die sich mit der kontinuierlichen Glukosemessung befasste, legte den Grundstein für ihr Buch Der Glukose-Trick. Sie nahm selbst daran teil, trug ein Blutzucker-Messgerät und entwickelte sogar eine App, um die Ergebnisse auszuwerten und zu präsentieren. 2018 erstellte Inchauspé den Instagram-Account @glucosegoddess, um ihre Erkenntnisse zu teilen. Mittlerweile verzeichnet der Account über 4,6 Millionen Follower (Stand August 2024).
Woher kommt das Geld?
Jessie Inchauspé verfasste das Buch aus dem Wunsch heraus, ihre Erkenntnisse einer kontinuierlichen Blutzuckermessung mit der Öffentlichkeit zu teilen. Des Öfteren erwähnt sie ihren Instagram-Account @glucosegoddess. Der Glukose-Trick wurde 2022 unter dem Wilhelm Heyne Verlag veröffentlicht, der zur Penguin Random House Verlagsgruppe gehört.
Nachweise
Berry et al. (2020): Human postprandial responses to food and potential for precision nutrition. Nat Med 26(6):964–973
DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2024): Gut essen und trinken – die DGE-Empfehlungen
Mitrou et al. (2015): Vinegar Consumption Increases Insulin-Stimulated Glucose Uptake by the Forearm Muscle in Humans with Type 2 Diabetes. J Diabetes Res 2015:175204
Zeevi et al. (2015): Personalized Nutrition by Prediction of Glycemic Responses. Cell 163(5):1079–1094
Titelbild: salita2010/stock.adobe.com
Stand: August 2024