Schwarzer Sesam und andere Superfoods in weißen Schalen
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Superfoods: Mythen und Fakten

Mythos 1: Superfoods sind immer teuer

Das muss nicht so sein. Einheimische Superfoods wie Leinsamen, Hirse, Haferflocken oder Weizen sind deutlich günstiger als ihre exotischen Pendants. Hanf- und Chiasamen kosten zum Beispiel etwa vier- bis fünfmal so viel wie Leinsamen. Dabei schneiden die heimischen Saaten im Vergleich mit den Exoten bei Proteinen, Ballaststoffen und Omega-3-Fettsäuren gut ab:

Nährwerte pro 100 g
Hanfsamen
Chiasamen
Leinsamen
Protein (g)
21
22
28,8
Ballaststoffe (g)
41
33
38,6
Omega-3-Fettsäuren (g)
4,7
21
16,7
Quelle: DGE-BW 2018

Auch zu den oft teuren Goji-Beeren gibt es eine heimische Alternative: schwarze Johannisbeeren. Sie sind preiswerter und enthalten mehr Vitamin C, dafür weniger Zucker und weniger Kalorien. Bei ausländischen Superfoods bezahlen die Verbraucher häufig Werbeaussagen und aufregend klingende Geschichten über seltene Pflanzen, ferne Anbaugebiete und Naturvölker mit traditioneller Heilkunde mit (Clausen 2015). Kurzum: Der Exotik-Faktor kostet mehr. Zudem sind bei heimischen Superfoods die Transportwege kürzer. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern macht sie auch günstiger als die Importe.

Mythos 2: Superfoods können nicht gesundheitsschädlich sein

Pauschal stimmt das nicht. So können nach dem Verzehr von Shiitake-Pilzen unerwünschte Hautreaktionen mit Entzündung, Rötung und starkem Juckreiz auftreten, die sogenannte Shiitake-Dermatitis (BfR 2004). Immer wieder finden Experten auch Schädlingsbekämpfungsmittel, Keime wie Salmonellen, giftige Alkaloide, Mineralölrückstände, Schwermetalle wie Kadmium und Blei sowie krebserregende polyzyklische Kohlenwasserstoffe in Superfoods (Lerch et al. 2018, Ökotest 2016, Scherbaum/Lerch 2017).

Das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart nahm im Jahr 2017 Chiasamen, getrocknete Goji-Beeren sowie Moringa-, Gerstengras- und Weizengraspulver unter die Lupe. Ergebnis: Bei 11 von 29 Proben, etwa 40 Prozent, fand man Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, die über der gesetzlich gültigen Höchstmenge lagen. In 14 Proben überschritt der Gehalt der Umweltchemikalie Perchlorat den Grenzwert. Perchlorat kann die Jodaufnahme hemmen, es kommt zu Mangelerscheinungen, die Schilddrüse wuchert, ein Kropf kann entstehen (Kaufmann-Horlacher 2015). Zudem enthalten bestimmte Pilze wie der Hallimasch oder der als „Vitalpilz“ angepriesene Coriolus aus China giftige Stoffe, die sich erst beim Kochen abbauen. Dasselbe gilt für Holunderbeeren und Bohnen. Daher sollten einige Superfoods nur erhitzt gegessen werden (Clausen/Röchter 2016).

Mythos 3: Auch wer Medikamente nimmt, kann unbedenklich Superfoods essen

Das ist leider falsch. Denn zwischen Arzneimitteln und Superfoods können Wechselwirkungen auftreten. So sollten Patienten, die bestimmte Gerinnungshemmer wie Marcumar einnehmen, Goji-Beeren und Produkte wie Marmeladen oder Fruchtriegel, in denen die Beeren enthalten sind, komplett meiden. Die Inhaltsstoffe der Goji-Beeren können bei dieser Klasse von Medikamenten die Blutspiegel des Wirkstoffes erhöhen, weil sie den Abbau der Substanz in der Leber hemmen. Dann drohen gefährliche Blutungen.

Dieselbe Warnung gilt für Papaya oder Ginseng zusammen mit den Gerinnungshemmern vom Typ Marcumar. Auch für Granatapfel und Grapefruit sind Komplikationen bei bestimmten Arzneimitteln belegt. Dazu gehören Mittel gegen Depressionen, Blutdrucksenker eines bestimmten Typs (sogenannte Kalziumblocker) und einige Aids-Medikamente. Letztere sollten nicht gemeinsam mit Granatapfel oder Grapefruits eingenommen werden – auch eine Pause von mehreren Stunden reicht nicht aus (Siedentopp 2017). Bei Knoblauch, Ingwer und Süßholzwurzelextrakt wurden zumindest im Reagenzglas Wechselwirkungen mit Arzneimitteln beobachtet. Noch ist unklar, ob diese Reaktionen auch im menschlichen Körper auftreten.

Mythos 4: Chiasamen enthalten besonders viel Kalzium

Hier sollten Verbraucher sich nicht täuschen lassen. Richtig ist, dass Chiasamen pro 100 Gramm etwa 630 Milligramm Kalzium enthalten (USDA 2018). Aber so viele Chiasamen sollte man lieber nicht essen – für Chiasamen liegt der von der EU festgelegte Grenzwert nämlich bei 15 Gramm pro Tag für Erwachsene. Auf der Verpackung muss dies angegeben sein (BVL 2023).

15 Gramm sind etwa zwei Esslöffel, diese liefern knapp 100 Milligramm Kalzium. Damit deckt eine erwachsene Person aber nur rund 10 Prozent der Menge an Kalzium ab, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) pro Tag für ausreichend hält: 1.000 Milligramm. Mit einem Glas Milch ist man da besser dran, 250 Milliliter Milch enthalten etwa 300 Milligramm Kalzium, auch eine Scheibe Emmentaler liefert schon 290 Milligramm Kalzium. Unter den Gemüsesorten sind Grüngemüse, vor allem Grünkohl mit 210 Milligramm pro 100 Gramm, reich an Kalzium (Heseker/Heseker 2021). So relativiert sich der hohe Kalziumgehalt der Super-Samen schnell.

Mythos 5: Exotische Superfoods müssen immer aus dem Ausland importiert werden

Nicht alle: Goji-Beeren müssen nicht aus China kommen, sie gedeihen auch im eigenen Garten. Die Bocksdorn-Sträucher kann man bei uns in Gartengeschäften oder Baumschulen kaufen. Sie sind frostresistent und wachsen gut in Deutschland (Schüle 2010). Auch Aronia-Beeren werden zunehmend hier angebaut.

Nach erfolgreichen Anbauversuchen hat sich auch der (in China oder Indien heimische) Ingwer auf den Flächen vieler Gemüsebauern im Freistaat Bayern etabliert (Germscheid 2022). Initiiert wurde das Projekt von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Bamberg.

Text: KErn
Wissenschaftliche Recherche: Dr. Steffen Jakobs

Auch zum Anhören: Mythen & Fakten Superfoods

Nachweise

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2004): Gesundheitliches Risiko von Shiitake-Pilzen. Stellungnahme des BfR vom 23. Juni 2004

BVL – Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2023). Neuartige Lebensmittel – Novel Foods

Clausen A (2015): Wie super sind Superfoods? UGBforum 4/15, [online] https://www.ugb.de/lebensmittel-im-test/naehrwert-superfoods/druckansicht.pdf

Clausen A, Röchter S (2016): Superfoods – zwischen Chancen und Risiken. ErnährungsUmschau 11-2016

DGE-BW (2018): 17. DGE-BW-Forum Superfood, Dokumentation der Workshops

Germscheid V (2022): Ingwer, die tolle Knolle. VerbraucherService Bayern

Heseker H, Heseker B (2021): Die Nährwerttabelle. Wiesbaden, ISBN: 978-3-930007-77-6

Kaufmann-Horlacher I (2015): Perchlorat in pflanzlichen Lebensmitteln – ein Update. CVUA Stuttgart

Lerch et al. (2018): „Superfood“ – hält nicht, was der Name verspricht. Untersuchungsergebnisse 2017. CVUA Stuttgart

Ökotest (2016): Einkaufsratgeber Jahrbuch für 2017. Sonderheft J1610, S. 46–51

Scherbaum E, Lerch C (2017): Moringablattpulver – weiterhin mit Rückständen und unlauterer Bewerbung. CVUA Stuttgart

Schüle E (2010): Nachgefasst: Pestizide in Gojibeeren. CVUA Stuttgart

Siedentopp U (2017): Medikamente und Ernährung – Wechselwirkungen zwischen Arznei- und Lebensmitteln. Dt Ztschr f Akup 60(4): 41–47

USDA – U.S. Department of Agriculture (2018): FoodData Central – Seeds, chia seeds, dried

Titelbild: fascinadora/stock.adobe.com


Stand: Juni 2023

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